Gesundheitsschutz mit langer Tradition
Individualprävention mit System
Besteht bei Beschäftigten die konkrete Gefahr, dass eine Berufskrankheit entstehen, wiederaufleben oder sich verschlimmern könnte, verpflichtet der Gesetzgeber die Unfallversicherungsträger in § 3 der Berufskrankheitenverordnung dazu, dem mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken. Genau hier kommt die Individualprävention (IP) ins Spiel.
Es ist nicht nur ein gesetzlicher Auftrag der Unfallversicherungsträger und damit auch der BGHM, Menschen zu helfen, bei denen der Verdacht auf eine Berufskrankheit (BK) besteht oder bei denen sie bereits bestätigt worden ist. Darüber hinaus ist es auch eine wichtige soziale Aufgabe.
Teilhabe am Arbeitsleben
Geeignete Präventionsmaßnahmen sollen den Betroffenen dabei helfen, den Beruf, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, weiter ausüben zu können. Neben dem wirtschaftlichen Faktor spielt hier auch die soziale Komponente eine große Rolle: Die Beschäftigten sollen weiter am Arbeitsleben teilhaben.

Seit fast 30 Jahren bietet die BGHM ihren Versicherten Verfahren der Individualprävention an. Allein 2023 wurden insgesamt 4.617 Aufträge zum IP-Verfahren in den vier Themenbereichen Atemwege, Haut, Lärm und Muskel- Skelett-Erkrankungen (MSE) abgeschlossen. Daraus resultierende Maßnahmen umfassten 2023 zum Beispiel die Bereitstellung von Handschuhen und Hautmitteln als Muster bei IP Haut oder ergonomische Hilfsmittel bei IP MSE, um Arbeitsplatzverhältnisse zu optimieren.
Der Weg zur Individualprävention
In einem IP-Verfahren klären Aufsichtspersonen und geschulte IP-Beraterinnen und -Berater der BGHM Betroffene detailliert über BK-relevante Einwirkungen an ihrem aktuellen Arbeitsplatz auf. Sie erläutern Schutzmaßnahmen, vermitteln Wissen, verdeutlichen Sinn und Ziele von Maßnahmen und zeigen die Vorteile der Mitwirkung auf. Dass die Beraterinnen und Berater für Fragen zur Verfügung stehen, macht Versicherte handlungssicher und stärkt gleichzeitig ihre Eigenverantwortung.
Um das bestehende betriebliche Schutzkonzept zu optimieren, werden zudem im Zusammenwirken mit den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen identifiziert, erprobt und umgesetzt. Darüber hinaus haben die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) und die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) in den vergangenen Jahren verschiedene Präventionsmaßnahmen für Versicherte ins Leben gerufen, darunter beispielsweise Rücken-, Knie-, Hüft- oder Schulterkollegs mit physiotherapeutischer und arbeitsmedizinischer Unterstützung. Seit 2021 werden in einer Pilotphase in der Bezirksverwaltung Nord Betroffene der BGHM in entsprechende Maßnahmen der Sekundärprävention eingebracht.
IP-Verfahren auch bei ehemaligen BKen mit Unterlassungszwang
Für neun Berufskrankheiten galt bis zu einer Änderung im Berufskrankheiten- Recht zum 01. Januar 2021 ein Unterlassungszwang. Das bedeutete, dass der ausgeübte Beruf aufgegeben werden musste, damit daraus resultierende Gesundheitsschäden als Berufskrankheit anerkannt werden konnten. Mit der Änderung im Berufskrankheiten-Recht fiel dieser Unterlassungszwang weg. Die BKen, die das betraf, können seitdem auch dann anerkannt werden, wenn die Beschäftigten der zugrundeliegenden Tätigkeit weiter nachgehen.
Sind die Betroffenen also weiterhin berufstätig und es besteht der Verdacht, dass sie dabei einer relevanten Einwirkung ausgesetzt sind, wird ein IP-Verfahren durchgeführt. Damit wird der gesetzliche Auftrag erfüllt, beruflich bedingten Gesundheitsschäden bei Verdacht auf eine BK entgegenzuwirken. Wenn sich Anzeichen einer beruflich bedingten Erkrankung zeigen, werden auch hier in Zusammenarbeit mit dem oder der Versicherten und den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern entsprechende individuelle Schutzmaßnahmen identifiziert und am Arbeitsplatz implementiert.
Ausgabe 1/2025