Branchenübergreifende DGUV Regel
Flüssiggasanlagen sicher betreiben, Beschäftigte schützen
In der neuen branchenübergreifenden DGUV Regel 110-010 „Verwendung von Flüssiggas“ finden alle, die in ihren Betrieben mit diesem extrem entzündbaren Gas arbeiten, Informationen zu Arbeitsschutzmaßnahmen und für den sicheren Betrieb von Flüssiggasanlagen.
Moderner, nutzerfreundlicher und besonders praxisorientiert: So löst die neue DGUV Regel 110-010 „Verwendung von Flüssiggas“ die gleichnamige DGUV Vorschrift 79 ab. Sie zeigt Unternehmerinnen und Unternehmern beispielhaft, mit welchen Maßnahmen sie einen sicheren Betrieb ihrer Flüssiggasanlage erreichen können, um die sicherheitstechnischen Ziele der Betriebssicherheitsverordnung ( BetrSichV) zu erfüllen und Beschäftigte zu schützen.
Außerdem hilft eine neue Checkliste bei der Beurteilung der Sicherheit einer Flüssiggasanlage. Weitere wichtige Neuerungen und bewährte Hinweise folgen hier im Überblick.
Neu: Priorität bei Aufstellungsorten
Wird Flüssiggas verwendet, ist unabhängig von Betrieb und Branche die Frage nach dem sichersten Aufstellungsort von Flüssiggasflaschen einer der wichtigsten Punkte in der Gefährdungsbeurteilung. Belüftungsverhältnisse sind beispielsweise entscheidend dafür, ob und in welchem Umfang sich bei einer Undichtheit an einer Flüssiggasanlage eine explosionsfähige Atmosphäre bilden kann.
Da die Belüftungsverhältnisse im Freien naturgemäß besser sind als in Räumen, müssen Betriebe laut der neuen DGUV Regel zur Minimierung ihres Restrisikos folgende Aufstellungspriorität beachten:
- Priorität 1: Die Flüssiggasflaschen müssen im Freien aufgestellt werden
- Priorität 2: Aufstellung im separaten Aufstellungsraum
- Priorität 3: Aufstellung im Arbeitsraum
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass die Aufstellung im Freien beziehungsweise in einem separaten Aufstellungsraum nicht möglich ist, muss dies in der Gefährdungsbeurteilung begründet und dokumentiert werden. Nur in diesem Fall dürfen höchstens zwei Flüssiggasflaschen mit einem zulässigen Füllgewicht bis jeweils 16 Kilogramm oder eine Flüssiggasflasche mit einem zulässigen Füllgewicht bis 33 Kilogramm unter Beachtung weiterer Regelungen – siehe Punkt 5.1.3.1 der DGUV Regel – in einem Arbeitsraum aufgestellt werden.
Neu: Sicherheitseinrichtung gegen Gasaustritt aus Rohrleitungsanlagen
Eine weitere neue sicherheitstechnische Anforderung ist bei Niederdruckanlagen die Vermeidung eines ungewollten Gasaustritts aus einer Rohrleitung, die beispielsweise durch eine Erdbaumaschine oder durch handwerkliche Tätigkeiten beschädigt wurde. Mit automatisch wirkenden Sicherheitseinrichtungen, die ein ungehindertes Ausströmen von Gas aus der undichten Rohrleitung selbsttätig stoppen, kann dies erreicht werden. Eine solche Maßnahme ist die Installation einer Überdruck-Unterdruck-Sicherheitsabsperreinrichtung (OPSO/UPSO-Druckregeleinrichtung).
Die UPSO-Funktion – under pressure shut-off/Sicherheitsabsperreinrichtung bei zu niedrigem Druck – unterbricht bei einem Druckabfall in der Rohrleitung von 50 Millibar auf weniger als 42,5 Millibar den Gasstrom aus der Versorgungsanlage. Bei Überdruck löst die OPSO-Funktion (over pressure shut-off), die bislang als Sicherheitsabsperrventil (SAV) bekannt war, eine Absperrung des Gasstroms aus.
Optimale Versorgung, Flammenüberwachung und Prüfungen
Weitere Punkte, die nicht neu, aber wichtig sind: Bei der Planung einer Flüssiggasanlage muss die Dimensionierung der Versorgungsanlage genau auf die Verbrauchsanlage abgestimmt werden. Nur so ist ein störungsfreier Dauerbetrieb ohne Vereisungen an der Flüssiggasflasche und dem Flaschenventil gewährleistet. Indem man die optimale Kombination aus Flaschengröße, Anzahl der parallel angeschlossenen Flüssiggasflaschen und Entnahmeart findet, ist ein störungsfreier Betrieb möglich. Ein Rechenbeispiel und eine Tabelle veranschaulichen dies.
Zudem dürfen Unternehmerinnen und Unternehmer laut der DGUV Regel nur Verbrauchseinrichtungen (Gasgeräte) betreiben, die mit einer Flammenüberwachung, zum Beispiel mit einer thermoelektrischen Zündsicherung, ausgerüstet sind. Dadurch werden gefährliche Ansammlungen von unverbranntem Gas vermieden, wenn zum Beispiel die Flamme am Brenner durch einen technischen Defekt nicht gezündet werden kann oder während des Betriebes erlischt. Dies gilt auch für Verbrauchseinrichtungen wie Gasgrillgeräte, die im Freien betrieben werden.
Die DGUV Regel enthält ebenso wie die frühere Vorschrift detaillierte Informationen rund um die in der BetrSichV vorgeschriebenen Prüfungen und Prüffristen. Geprüft werden müssen eine sichere Installation, die Aufstellung, die Dichtheit und die sichere Funktion der Flüssiggasanlage.
Thomas Real, Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN)
Flaschenaufstellung im Freien, zum Beispiel in einem Flaschenschrank
1. verschließbarer Flaschenschrank
2. Hochdruckschlauchleitungen (max. 40 cm)
3. Umschalteinrichtung
4. Druckregeleinrichtung mit kombinierter Überdruck-Unterdruck-Sicherheitsabsperreinrichtung (OPSO/UPSO) und
Überdruck-Abblaseventil (PRV)
5. Hauptabsperreinrichtung (HAE)
6. fest verlegte Rohrleitung
7. thermisch auslösende Absperreinrichtung (TAE)
8. Geräteabsperrarmatur
9. Gasherd mit Flammenüberwachungseinrichtungen (thermoelektrische Zündsicherungen)
Ausgabe 4/2023