Urteil zum Versicherungsschutz

Sturz beim Tablettenholen

Eine Beschäftigte stürzte auf dem Fußweg von ihrem Auto zur Betriebsstätte und verletzte sich dabei an der rechten Hand. Der Unfall ereignete sich während ihrer Arbeitsschicht, nachdem sie Tabletten aus ihrem Auto geholt hatte, die sie dort vergessen hatte. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte nun zu entscheiden, ob es sich bei dem Sturz um einen gesetzlich unfallversicherten Arbeits- oder Wegeunfall gehandelt hatte. 

Die Klägerin hatte ihr Auto am Unfalltag auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt. Als sie bemerkte, dass sie ihre Tabletten in ihrem Wagen vergessen hatte, machte sie sich mit Erlaubnis des Arbeitgebers während ihrer Arbeitszeit auf den Weg dorthin, um die Medikamente zu holen. Auf dem Weg zurück zum Betrieb stürzte sie und verletzte sich an der rechten Hand. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin- Brandenburg urteilte (AZ L 21 U 40/21, Urteil vom 26. September 2024): Bei dem Sturz auf dem Weg zurück zum Betrieb handelte es sich nicht um einen gesetzlich versicherten Arbeits- oder Wegeunfall. 

Urteil zum Versicherungsschutz beim Tablettenholen
© Dulin/Getty Images

Medikamenteneinnahme war nicht notwendig 

Das Bundessozialgericht hatte schon 2004 festgestellt: Das Besorgen von Medikamenten zählt zu den Maßnahmen der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit. Diese sind grundsätzlich dem persönlichen Lebensbereich der Versicherten und nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen und stehen daher nicht unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz.

Da im konkreten Fall weder besondere Anforderungen bei der Arbeit noch eine Gefährdung der Arbeitsfähigkeit eine Medikamenteneinnahme notwendig machten, handelte es sich nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII um einen Betriebsweg unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch die Stellungnahmen des behandelnden Arztes belegten, dass keine Gefahr bestanden hatte, dass die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten bis zum Schichtende durch die Nichteinnahme der Medikamente gefährdet gewesen wäre. 

Die Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gilt ausschließlich für Wege, die zum Ort der Tätigkeit und zu deren Aufnahme oder nach deren Beendigung von diesem Ort weg zurückgelegt werden. Die Klägerin hatte sich jedoch auf dem Rückweg von einer kurzzeitigen Unterbrechung ihrer Tätigkeit zu privaten Zwecken befunden – und damit nicht auf einem Arbeitsweg. 

Thomas Dunz, BGHM

Ausgabe 5/2025