Umgang mit psychisch beeinträchtigten Beschäftigten
Belastungen erkennen, Betroffene unterstützen
Durch die sich ständig verändernde Arbeitswelt können Risiken für die psychische Gesundheit entstehen. Diese lassen sich jedoch identifizieren. Zudem gibt es effektive und immer wieder neue Wege, um präventiv einzugreifen und Betroffene zu unterstützen.
Herausforderungen wie Zeit-, Termin- und Leistungsdruck sowie weitere ungünstig gestaltete Arbeitsbedingungen können die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Langfristig können sie sogar zu psychischen Störungen beziehungsweise Erkrankungen führen. Deshalb ist es wichtig, gesunderhaltende Arbeitsbedingungen zu schaffen. Diese schließen ein sozialkompetentes Führungsverhalten mit ein.
Psychische Auffälligkeiten und Störungen erkennen
Ob eine Person psychisch gesund, beeinträchtigt oder krank ist, ist für medizinische Laien nicht einschätzbar. Im betrieblichen Kontext werden psychische Beeinträchtigungen oder Störungen oft zu Unrecht mit Schwäche, Unwilligkeit oder Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt. Eine medizinische Beurteilung muss immer durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen.

So sollten sich Führungskräfte verhalten
Trotzdem nehmen vor allem Führungskräfte eine wichtige Rolle ein. Denn zu ihren Aufgaben gehört die Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. Besteht ein regelmäßiger persönlicher Kontakt mit einer wertschätzenden Kommunikation, können sie auffällige negative Veränderungen frühzeitig wahrnehmen, diese unter vier Augen ansprechen und interne sowie externe Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen. Dabei ist es wichtig, dass sie sich im Gespräch auf Fakten beschränken und keine Vermutungen äußern. Durch diese Vorgehensweise ist es möglich, eventuelle Verschlimmerungen des Befindens von Betroffenen zu verhindern.
Führen Vereinbarungen zur Unterstützungssuche oder Ressourcenstärkung nicht zum Erfolg, sollten weitere Interventionsmaßnahmen angeboten werden. Dabei können zusätzliche Personen wie zum Beispiel eine Betriebsärztin beziehungsweise ein Betriebsarzt, der Betriebsrat, Verantwortliche aus der Personalabteilung sowie Beauftragte für Themen im Gesundheitsschutz einbezogen werden.
Mit akuten psychischen Krisen umgehen
Schwere Unfälle sowie körperliche oder psychische Gewalt können Auslöser für psychische Krisen sein. Im Akutfall kann eine psychologische Notfallversorgung einer Folgestörung entgegenwirken.
Solche Vorkommnisse sind beim zuständigen Unfallversicherungsträger versichert, für Betriebe der Branchen Holz und Metall entsprechend bei der BGHM. Von Unternehmen müssen sie dokumentiert und als Unfall gemeldet werden. Die BGHM versorgt betroffene Versicherte mit psychotherapeutischer Unterstützung.
Umgang mit Betroffenen
Diese acht Grundregeln unterstützen beim Umgang mit psychisch beeinträchtigten Beschäftigten:
- Eine transparente Arbeitssituation mit klaren Arbeitsabläufen und Informationen schaffen
- Personelle Kontinuität und stabile Beziehungen mit verlässlichen Ansprechpersonen einhalten
- Klarheit über Ziele und Schritte beim Weg aus der Krise schaffen
- Die betroffene Person an der Erarbeitung der Lösungswege aus der Krise beteiligen
- Mit der betroffenen Person klar und eindeutig kommunizieren
- Über- und Unterforderungen vermeiden
- Das Anderssein der betroffenen Person akzeptieren
- Aufmerksam bleiben und sich bei Bedarf fachlich beraten lassen
Eine ausführliche Beschreibung der Grundregeln ist in der Broschüre „Psychische Gesundheit im Arbeitsleben“ auf www.lwl-inklusionsamt-arbeit.de zu finden.
Rückkehr nach der Krankheit
Kehren Beschäftigte nach einer – beispielsweise durch eine psychische Erkrankung bedingten – Arbeitsunfähigkeit an ihren Arbeitsplatz zurück, ist im Fall von langer oder häufiger Abwesenheit ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Dabei sollten Unternehmen rechtzeitig Kontakt zu den Betroffenen aufnehmen, um die Rückkehr an den Arbeitsplatz vorzubereiten und sie angemessen zu begleiten.
Wege zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz finden
Arbeit und die damit verbundenen regelmäßigen sozialen Kontakte, die Wertschätzung, Erfolgserlebnisse und das Zugehörigkeitsgefühl haben grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und die Entwicklung einer Person. Gut gestaltete Arbeit stabilisiert die psychische und körperliche Gesundheit. Ungenügend gestaltete Arbeit kann die Beschäftigten langfristig seelisch und körperlich krank machen, sodass sie dem Unternehmen eventuell auch dauerhaft nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ein wichtiger Schritt, die Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und langfristig zu sichern, ist die Integration der psychischen Belastung in die Gefährdungsbeurteilung. Denn die Beurteilung hilft, mögliche psychische Belastungsfaktoren frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen einzuleiten. Dabei müssen Interventionen zuerst auf der Ebene der Verhältnisprävention und dann auf der Ebene der Verhaltensprävention ansetzen.
Verhältnispräventive Maßnahmen zielen auf eine gesundheitsförderliche Organisation der Arbeitsbedingungen ab. Unternehmen sollten die Arbeitsverhältnisse so gestalten, dass aus arbeitsbedingter psychischer Belastung keine Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit entsteht. Dazu zählt beispielsweise, Arbeitsabläufe zu optimieren, eine positive Unternehmenskultur zu schaffen und eine offene Kommunikation mit einem unterstützenden Führungsstil zu etablieren. Langfristig sorgen eine angemessene Belastung am Arbeitsplatz und ausreichende Ressourcen der Beschäftigten für gesunde, zufriedene und leistungsfähige Beschäftigte.
Verhaltenspräventive Maßnahmen zielen dagegen darauf ab, die individuellen Fähigkeiten der Beschäftigten zu stärken, mit Stress und Belastungen gesund umzugehen. Dazu gehören zum Beispiel Schulungen zum Stressmanagement, Angebote zur Förderung der Resilienz oder auch das Bereitstellen von Beratungsangeboten.
Susanne Neisecke und Silke Otto, BGHM
Welche Verhaltensänderungen können auftreten?
Mögliche Verhaltensänderungen sind beispielsweise:
- Veränderungen der Arbeitsdisziplin, wie häufiges Zuspätkommen oder Fehlen
- Änderungen im Leistungsverhalten, wie Fehler bei der Arbeit, Ziele werden nicht mehr erreicht
- Sozialverhalten, zum Beispiel zurückgezogen, aufgedreht oder aggressiv
Andere Verhaltensauffälligkeiten, wie plötzliche Vernachlässigung der Körperpflege, anhaltende Niedergeschlagenheit oder Selbstgespräche
Ausgabe 5/2025