Schwerpunktthema: Schweißrauchminderung
Schweißprozesse gestalten – sicher und gesund
Die Fertigungstechnologie Schweißen wird heute vielseitig angewendet. Schweißen heißt nicht nur, Bauteile miteinander zu verbinden, sondern Produkte, Anlagen oder gar Bauwerke zu erschaffen. In Sparten wie dem Maschinen- und Fahrzeugbau, der Energietechnik, dem Schiff- und Apparatebau sowie dem Bauwesen ist das Schweißen ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Fertigung. Während die Technik stetig voranschreitet, besteht beim Schutz vor Schweißrauchen derzeit noch Handlungsbedarf.
So vielfältig die Anwendung des Schweißens ist, so vielfältig sind auch die Anforderungen, die an die Qualität von Schweißverbindungen gestellt werden. Meist genügt es nicht allein, eine Schweißnaht in vorgegebener Form und Größe herzustellen. Da sich die Qualität einer Schweißverbindung am fertigen Produkt nicht sicher nachweisen lässt, wird Schweißen auch als „spezieller Prozess“ beschrieben. Eine Sichtprüfung kann beispielsweise die Nahtform und Maßhaltigkeit einer Schweißnaht bestätigen oder Poren und Risse an der Nahtoberfläche anzeigen.

Zerstörungsfreie Prüfverfahren (ZFP) wie die Ultraschall- oder Röntgenprüfung zeigen innere Fehler wie Lunker, Einschlüsse oder Bindefehler auf. Die eingestellten mechanischen Nahteigenschaften – und darauf kommt es bei einer Schweißverbindung häufig an – bleiben dabei jedoch verborgen. Eine mechanische Prüfung, wie beispielsweise die Zug- oder Biegeprüfung, kann zwar Aufschluss über die tatsächliche Beschaffenheit der Schweißverbindung liefern, kann jedoch in der Regel nicht am fertigen Produkt erfolgen. Prüfstücke werden aus der Schweißverbindung herausgetrennt und „zerstörend“ geprüft. Das geschweißte Produkt wird unbrauchbar.
Um dennoch sicherzustellen, dass geschweißte Verbindungen oder durch Schweißen hergestellte Produkte den hohen Anforderungen an die innere Beschaffenheit entsprechen, werden sogenannte qualifizierte Schweißverfahren angewendet. Eine solche Qualifizierung kann zum Beispiel durch eine Schweißverfahrensprüfung erreicht werden. Mit dem Geltungsbereich, das heißt den Anwendungsgrenzen der Qualifizierung, wird eindeutig festgehalten, welche Schweißparameter und Prozessbedingungen einzuhalten sind. Dies bedeutet, dass zum Beispiel die Nahtvorbereitung, der Schweißstrom und die Schweißspannung, die Schweißgeschwindigkeit sowie die Vorwärm- und Zwischenlagentemperatur nur in engen Grenzen variiert werden darf. Wird der Schweißprozess innerhalb der Anwendungsgrenzen geführt, so darf von einer anforderungsgerechten Beschaffenheit der Schweißverbindung ausgegangen werden.
Diese Präzision, mit der die Schweißtechnik häufig angewendet wird, schafft Herausforderung und Faszination zugleich. Während die technischen Normen, Regelwerke und letztendlich die Anforderungen beispielsweise an die Herstellung von tragenden Bauteilen aus Stahl gemäß DIN EN 1090-2 in der betrieblichen Praxis sorgfältig beachtet und eingehalten werden, wird den Maßnahmen zum Schutz vor den Gefährdungen beim Schweißen oft kein angemessener Stellenwert beigemessen. Dies betrifft häufig auch den wirksamen Schutz vor Gefahrstoffen beim Schweißen. Lösungen, um diese Herausforderung zu meistern, gibt es allerdings für die meisten Fälle bereits. Deren konsequente Anwendung würde den Gesundheitsschutz beim Schweißen deutlich verbessern. Dass die Einhaltung aktueller Grenzwerte eine Herausforderung darstellen kann, bestätigen aktuelle Ergebnisse der InterWeld-Feldstudie.
Schweißrauchexposition beim MIG- / MAGHandschweißen reduzieren: Zwischenstand
Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA) führt in enger Kooperation mit der BGHM die Interventions-Studie InterWeld durch – eine Untersuchung zur Senkung der Schweißrauchexposition von Beschäftigten an Handschweißarbeitsplätzen. Insgesamt nehmen 13 Mitgliedsunternehmen der BGHM an der Studie teil. Umfangreiche vergleichende Expositionsmessungen an Schweißarbeitsplätzen und Biomonitoring sind Bestandteil der Studie. Schweißparameter, Prozesskennlinien, Zusatzwerkstoffe und Schutzgase sowie angewendete Absaugtechniken werden analysiert, bewertet und optimiert.
Im ersten Schritt der Studie erfolgte eine Analyse und Bewertung des Ist-Zustandes der betrachteten Arbeitsplätze – die Ergebnisse aller durchgeführten Gefahrstoffmessungen liegen nun vor. Mit einer sogenannten Basismessung wurden insgesamt 49 Schweißer vermessen. Die Messung erfolgte hier an der schweißenden Person, das heißt durch ein personengetragenes Gefahrstoff-Probenahmesystem. Geschweißt wurde 25-mal un- beziehungsweise niedriglegierter Stahl, 23-mal Chrom-Nickel-Stahl und einmal Aluminium. An den Arbeitsplätzen, an denen die 49 Schweißer tätig waren, wurde darüber hinaus in 49 stationären Gefahrstoffmessungen die Belastung der Luft in der unmittelbaren Umgebung erfasst. Der Grenzwert der alveolengängigen Fraktion (A-Fraktion) von 1,25 mg/m³ wurde dabei in über 50 % der Messungen an der Person überschritten. In der unmittelbaren Umgebung wurde der Grenzwert dagegen an allen betrachteten Arbeitsplätzen eingehalten (vgl. Bild 1).
Sowohl beim Schweißen von un- und niedriglegierten Stählen als auch bei der Verarbeitung von nichtrostenden Chrom-Nickel-Legierungen werden Mangan und seine anorganischen Verbindungen als Bestandteile der Schweißrauche freigesetzt. Der Grenzwert liegt für diese Gefahrstoffe in der A-Fraktion (MnA) mit 0,02 mg/m³ deutlich unterhalb des Grenzwertes für A-Staub (A-Fraktion). Der Expositionsgrenzwert für Mangan in der alveolengängigen Fraktion wurde in 46 von 49 Messungen an der Person überschritten. In der unmittelbaren Umgebung des Schweißers (stationäre Probenahme) zeigten 18 von 49 Messungen eine Grenzwertüberschreitung (vgl. Bild 2).

Da bei der Grenzwertüberschreitung in der Umgebung des Schweißers eine Gefährdung Dritter nicht ausgeschlossen werden kann, ist sie als besonders kritisch zu bewerten. Die Gesundheitsgefährdung einer dritten Person liegt auch dann vor, wenn der Schweißer selbst durch Persönliche Schutzausrüstung (PSA, zum Beispiel gebläseunterstützter Atemschutz) effektiv geschützt ist. Doch: Legt der Schweißer seine PSA ab, wird die Belastung auch für ihn selbst relevant, denn Schweißrauche fallen nicht zu Boden, nur weil der Lichtbogen erloschen ist.
Die Lösung: Absaugtechnik wirksam und konsequent anwenden
Grundsätzlich sind Schweißrauche direkt an der Entstehungsstelle zu erfassen und abzusaugen. Dies kann effektiv durch brennerintegrierte Absaugungen oder über nachführbare Erfassungselemente geschehen. Während die brennerintegrierte Absaugung stets an der Schweißstelle geführt wird, müssen andere, unabhängige Systeme bewusst und konsequent positioniert und nachgeführt werden. Dass die eingesetzte Absaugtechnik einwandfrei funktioniert, ist notwendige und zwingende Voraussetzung für eine wirksame Erfassung der Gefahrstoffe.
Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) gibt vor, dass Einrichtungen zum Abscheiden, Erfassen und Niederschlagen von Stäuben dem Stand der Technik entsprechen müssen. Sie sind außerdem sowohl bei der Inbetriebnahme als auch mindestens einmal jährlich auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Insbesondere bei der Anwendung brennerintegrierter Absaugungen ist die exakte Abstimmung von Brenner- und Absaugparametern unabdingbar. Nur in einem beschränkten Arbeitsbereich (bezogen auf den eingestellten Absaugvolumenstrom) wird Schweißrauch optimal erfasst und zugleich eine einwandfreie Schweißung möglich.
Dr. Demian Langen, BGHM